Wimmern über das anspruchsvolle Studium gehört bei Juristen zum guten Ton. Während des Studiums, danach auch. Wir müssen die ganzen Gesetze auswendig lernen, Unmengen von Gerichtsentscheidungen kennen – es ist die Hölle. In der Zeit ist nun ein Interview mit dem von mir sehr geschätzten Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer veröffentlicht, in dem dieser sagt, das Jurastudium sei leicht. Die Ausbildung habe aber ihre Mängel.
“…Hier können sie bis zum zwölften Semester in der hintersten Reihe sitzen und kein Wort sagen. Wer sich schämt, in der Öffentlichkeit zu reden, nicht mit Sprache umgehen kann oder nicht weiß, wie man den Konjunktiv verwendet, für den ist das tragisch. Der kommt aus der Uni, kann Einzelfälle bearbeiten, aber merkt bald, dass er sich als Richter oder Rechtsanwalt vor Menschen fürchtet. So geht es auch manchen Ärzten, die glücklich wären, wenn es nur die Patienten nicht gäbe.”
(Quelle: www.zeit.de)
Für den Beruf des Rechtsanwaltes ist es in der Tat von erheblichem Nachteil, sich vor Menschen zu fürchten. Als Richter oder Staatsanwalt sollte man frei sprechen können, auch klar. Es soll aber Bereiche geben, in denen man kaum mit Menschen zu tun hat. Großkanzleien, in denen der Anwalt Verträge gestaltet, lange Schriftsätze schreibt und viel verdient. Das viele Geld, welches man da verdient, gibt man aber auch schnell aus.
“Das ist alles relativ. Die Vorstellung, es sei das Paradies, ein Einstiegsgehalt von 80.000 Euro zu bekommen und mit 30 Jahren schon 140.000 Euro, täuscht gewaltig. Wenn man sich in diesem sozialen Umfeld bewegt, braucht man auch relativ teure Klamotten, einen Porsche-Trolley und einen 5er BMW, eine Wohnung mit entsprechender Ausstattung. Und das ganze Gel, das man sich in die Haare schmieren muss, kostet auch einen Haufen Geld. Dann zahlt man noch Steuern, Altersvorsorge, Krankenversicherung, und schon ist mehr als die Hälfte von dem schönen Großkanzleigeld wieder weg.”
(Quelle:www.zeit.de)
Insgesamt ein sehr lesenswertes Interview.
Thomas Fischer hat sein Jurastudium übrigens erst im Alter von 27 Jahren begonnen und vorher diverse andere Dinge gemacht. Unter anderem war er Schreiner und Musiker.
Die Studienkollegen, die bereits eine Ausbildung gemacht hatten, gingen meiner Meinung nach das Studium zielstrebiger an.
Beim AK StrafR des HAV war seine Schreiner-Zeit nicht so das Thema, allerdings seine Episode als Kurierfahrer. Ja, der Mann hinter dem StGB-Standardkommentar hatte schon ein bewegtes Leben.